„Dieser Sport verlangt hohe Aufmerksamkeit und viel Training.“

Tim Reichert, Chief Gaming Officer von Schalke 04, im Interview.

Die europäische Königsklasse in League of Legends wird zur neuen Saison in ein Franchise-System, ähnlich wie es Fans bereits aus der NBA und der NFL kennen, umgebaut. Erst Ende November2018sicherte sich Schalke für acht Millionen Euro einen von zehn Startplätzen in der League of Legends European Championship (LEC). Damit setzt der Verein ein klares Bekenntnis für den E-Sport.

Warum hat sich der FC Schalke 04 für das Investment von acht Millionen Euro für einen Startplatz entschieden?
Tim Reichert: Wir haben uns entschieden, in einen Startplatz zu investieren, weil wir es als eine Investition in die Zukunft sehen. Mit dem Franchise schafft Riot Games nun klare Bedingungen, in der wir als Verein effektiver und vorausschauender planen können. Das Franchise garantiert uns über Jahre hinweg die wirtschaftliche Sicherheit, um weiterhin erfolgreich und unabhängig im eSport agieren zu können. Einen großen Wettbewerbsvorteil sehen wir darin, dass wir unsere seit Jahren erfolgreiche Vermarktungsarbeit aus dem Fußball auch auf den eSport übertragen können.

Auf den ersten Blick ist es etwas verwunderlich, dass sie ein ganz neues Team (neuer Trainer, vier neue Spieler) aufstellen, nachdem Sie eine sehr gute Saison hatten. Warum setzten Sie auf neue Gesichter?
Tim Reichert: Es ist tatsächlich beinah ein ganz neues Team, weil wir insgesamt vier Spieler gewechselt haben. Das ist natürlich auf den ersten Blick etwas verwunderlich, denn wir haben einen guten Split gehabt, sind Zweiter geworden. Es gab aber Abgänge, die wir vermeiden wollten, aber nicht konnten und solche, mit denen wir geplant hatten. Wir haben nun eine gute Mischung aus sogenannten Rookies und etablierten Spielern, denen wir zutrauen, im kommenden Split erfolgreich zu sein. Auch bei unserem neuen Trainer(-team)haben wir ein sehr gutes Gefühl.

Was halten Sie von der Einführung des neuen Franchise-Modells?
Tim Reichert: Als Verein können wir mit dem Franchise-Modell effektiver und vorausschauender planen. Es garantiert uns wirtschaftliche Sicherheit, so dass wir erfolgreich und unabhängig arbeiten können. Aber auch für uns ist es ein ganz neues Modell und sicherlich auch eine Herausforderung.

Der FC Schalke 04 besetzt im eSport mehrere Sparten: u.a. League of Legends sowie FIFA. Beides eSport-Titel, aber trotzdem sehr different. Welche wesentlichen Unterschiede gibt es? Tim Reichert: FIFA/PES und League of Legends sind natürlich von Grund auf ganz verschiedene Spiele. Während im LoL-Bereich bereits klare Ligasysteme existieren, ist der FIFA/PES-Bereich da sicherlich noch etwas in der Entwicklung. Dennoch sind die Fußball-Simulationsspiele für die Fans des FC Schalke 04 sehr viel schneller zu verstehen, als ein Fantasy-Spiel wie League of Legends. Aber auch die Teamstrukturen sind von Grund auf unterschiedlich. Im LoL-Bereich arbeitet das Team mit ihrem Trainerstab zusammen –hier geht es nur gemeinsam. Im FIFA/PES-Bereich sind die Spieler meistens Einzelkämpfer, die in der Regel nur zu Trainingszwecken mit ihren Teamkollegen spielen.

PC statt Rasensport: Als erster Fußball-Bundesligist gründete der FC Schalke 04 eine eigene League of Legends-Nachwuchsförderungsamt Akademie. Ist es die Aufgabe eines Fußballclubs, die Menschen zum Sitzen vor dem Computer zu animieren?
Tim Reichert: Dass es beim eSport nicht darum geht, Menschen dazu zu animieren, nur vor dem Computer zu sitzen, sollte mittlerweile den meisten Menschen klar geworden sein. Es ist ein Sport, verlangt hohe Aufmerksamkeit und viel Training, wenn man es denn professionell ausüben möchte. Als Verein achten wir sehr darauf, dass sich unsere Athleten ausreichend bewegen und sich gesund ernähren. Das gehört zum Leben eines Sportlers dazu.

Ein Traditionsverein wie der FC Schalke ist tief mit der Herkunft und den Fans verbunden. eSport ist aber ein globaler Sport. Wie lässt sich das mit einem Fußballclub vereinen?
Tim Reichert: Der eSport ist fester Bestandteil der Vereinsstruktur geworden. Natürlich stand am Anfang die Herausforderung, unseren Fans und Mitgliedern zu verdeutlichen, was es genau ist, das wir im eSport tun. Doch unsere Anhänger haben schnell festgestellt, dass der Verein es mit dem Engagement im eSport sehr ernst meint und verantwortungsvoll mit dem Thema umgeht. Deshalb war die Akzeptanz schnell hoch.